Festrede über Leinwand: Altersforscher Professor Andreas Kruse, der von Dr. Johannes Bastian (li.) vorgestellt worden ist, spricht über das Lebensende. Foto: Filitz
Festrede über Leinwand: Altersforscher Professor Andreas Kruse, der von Dr. Johannes Bastian (li.) vorgestellt worden ist, spricht über das Lebensende. Foto: Filitz

Leben am Lebensende fordert Gestaltung

Mit einem Festakt begehen Mitglieder und Wegbegleiter das 25-jährige Bestehen des Hospizdiensts Östlicher Enzkreis. Die Bedeutung der Hospizbewegung wird in mehreren Grußworten betont und auch der Festredner sagt, dass deren Engagement immer wichtiger wird.

Von Eva Filitz

Aus dem Mühlacker-Tagblatt vom Montag, 14.11.2022 mit freundlicher Genehmigung des Mühlacker-Tagblatt.

ÖTISHEIM. „Auch Leben am Lebensende ist noch Leben, das Gestaltung fordert“, erklärte Andreas Kruse, emeritierter Direktor des Instituts für Gerontologie der Universität Heidelberg. Er referierte beim Festakt zum 25-jährigen Bestehen des Hospizdiensts Östlicher Enzkreis am Freitagabend zum Thema „Mein Leben ist vollendet – Die innere und äußere Gestaltung des Lebensendes in Sorgebeziehungen“. Aus Krankheitsgründen konnte der Vortrag nur per Videoübertragung stattfinden, dennoch erwies er sich als beeindruckender Höhepunkt.

Gebannt lauschten die Zuhörer den Ausführungen, die, wenn auch nur per Bildschirm präsent, kaum eindringlicher und nachhaltiger hätten sein können. Kruses Fazit: Die Hospizdienste seien aus dem öffentlichen Raum nicht mehr wegzudenken. Familien könnten Pflege heute nicht mehr alleine schultern, sondern sollten die Verantwortung mit sorgenden Gemeinschaften wie Organisationen, die sich dem Hospizgedanken verschrieben haben, teilen. Er betonte eindringlich, dass auch die letzte Lebensphase eines Menschen Gestaltung bedürfe.

Die Ausführungen des Gastredners lassen sich so zusammenfassen: Wenn Sterbende in einem menschlich anspruchsvollen Umfeld leben, eine in allen Belangen ausreichende Betreuung erhalten, sich so behütet und getragen auf den nahenden Tod einstellen können, kann Leben bis zur letzten Stunde als lebenswert empfunden werden. Mit kaum enden wollenden Beifall dankten die Zuhörer.

Dr. Johannes Bastian, Vorsitzender des Hospizdienstes Östlicher Enzkreis hatte den Gastredner zuvor als „einen der führenden Alterswissenschaftler“ vorgestellt und seine umfangreichen Forschungen und das wegweisende Mitwirken, etwa im Deutschen Ethikrat, gewürdigt.

Beim Festakt in der historischen Kelter Ötisheim konnte Dr. Bastian neben zahlreichen eigenen Mitgliedern auch Vertreter und Vertreterinnen aus benachbarten Hospizdiensten, aus Vereinen, Politik und Kirche begrüßen. „Ich will nicht den gesamten Werdegang unseres Hospizdienstes Revue passieren lassen“, sagte er. Stattdessen führte Dr. Bastian in seiner Rede aus, welche reichhaltige Bedeutung der Hospizarbeit auf allen gesellschaftlichen und politischen Ebenen in der heutigen Gesellschaft zukommt. Außerdem erklärte er die Inhalte einer ganzheitlichen Sorgekultur bei der Begleitung schwerkranker und sterbender Menschen. Der Stellenwert dieser Themen wurde auch in den sich anschließenden Grußworten immer wieder deutlich.

Umbrüche im familiären Umfeld machen Hospizarbeit zunehmend wichtiger

Für den ehrenamtlichen Hospizeinsatz dankte Susanne Kränzle, Vorsitzende des Hospiz- und Palliativverbands Baden-Württemberg. Da sie nicht kommen konnte, verlas Ulrike Kessler, zweite Vorsitzende des Hospizdiensts, das Grußwort. Die Grünen-Landtagsabgeordnete Stefanie Seemann betonte, dass besonders wegen der Umbrüche im familiären Bereich die Hospizdienste dringend gebraucht würden. Ötisheims Bürgermeister Werner Henle dankte im Namen des gesamten Enzkreises für die wertvolle Arbeit der Ehrenamtlichen. Empathie und Menschlichkeit werde mehr denn je gebraucht. „Stets mit dem Tod konfrontiert zu sein, verlangt Stärke“, zollte er der Leistung der Hospizdienstmitglieder Respekt.

Als sichtbares Zeichen des Dankes und der Anerkennung für oft jahrelange Begleitung wurde den aktiven Ehrenamtlichen eine Rose überreicht. Am 18. April 1997 wurde in Ötisheim der „Ambulanter Hospizdienst Mühlacker-Ötisheim“ gegründet, ein Verein zur Begleitung Schwerkranker, Sterbender, Angehörigen und Trauernden. Das ist inzwischen 25 Jahre her. Seitdem ist viel passiert, so sind die Ehrenamtlichen zum Beispiel noch in zehn weiteren Enzkreisgemeinden im Einsatz. Entsprechend erfolgte die Umbenennung in „Ambulanter Hospizdienst Östlicher Enzkreis“.

Die harmonische und würdevolle Feierstunde, die mit langen Gesprächen und einem Buffet ausklang, unterstrichen Rachel Kelz an der Harfe und Valentin Weibert (Violine und Cello) mit ihren berührenden Intonationen mit genau zum Anlass passenden Musikstücken.

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