Beim Vortrag von Professor Hörnig, einem ehemaligen Dürrmenzer Pfarrer, rücken besondere Traueranzeigen in den Vordergrund
Mühlacker. Um den Tod eines geliebten Menschen bekanntzumachen, werden bis in die heutige Zeit meist Todesanzeigen in Lokalzeitungen – wie auch dem Mühlacker Tagblatt – veröffentlicht. Dass eine solche Anzeige oftmals, aber nicht immer, gleich aufgebaut ist, stellte Professor Dr. Thomas Hörnig von der evangelischen Hochschule in Ludwigsburg am vergangenen Freitagabend eindrücklich und anhand von Beispielen dar – getreu eines Zitats des österreichisch-ungarischen Schriftstellers Theodor Herzl: „Macht keinen Unsinn, während ich tot bin.“
Da der Tod meist nicht der Moment wäre, wo die Menschen kreativ würden, seien etwa 95 Prozent der Anzeigen standardisiert, der Rest aber umso interessanter, sagte der Professor für evangelische Theologie und Diakoniewissenschaft und ehemalige Pfarrer der Dürrmenzer St. Andreas-Gemeinde, der für den Vortrag zurück an seine alte Wirkungsstätte kehrte und privat bereits über 10000 Traueranzeigen gesammelt hat. „Die Sammlung begann ich bereits zu meiner Studienzeit und vor allem aus kulturwissenschaftlichem Interesse heraus“, so Hörnig im Gespräch mit unserer Zeitung.
Das große Interesse an diesem Thema betonte Dr. Johannes Bastian, Vorsitzender des Vereins „Ambulanter Hospizdienst Östlicher Enzkreis“ bereits in seinen einleitenden Worten. So hätte Professor Hörnig während seiner Dienstzeit in Dürrmenz im Jahr 1997 nicht nur den Hospizdienst mitbegründet, sondern vor einigen Jahren schon einmal einen Vortrag über Traueranzeigen gehalten. Daher, so Bastian, schien den Mitarbeitern ein Wiederaufgreifen des Themas sinnvoll, vor allem wegen des Bezugs zur täglichen Arbeit.
Die hohen Erwartungen der zahlreichen Besucher im Saal des Dürrmenzer Gemeindehauses wurden durch die Präsentation anhand aktueller Beispiele mehr als erfüllt. So sprach Hörnig zum einen über konkrete Erinnerungen in Traueranzeigen mithilfe von Bildern, zum anderen aber auch von unkonkreteren und anonymen Anzeigen. Diese zweitere Gruppe würde in zunehmendem Maße vorkommen. Sammelanzeigen mit den Namen anonymer Bestatteter, die einige Gemeinden regelmäßig veröffentlichen würden, stufte der Hochschullehrer als kritisch ein.
Gedanken mache sich Hörnig auch über den „Trend zu ,Entchristianisierung‘ der Trauerranzeigen“, wie er es nannte, denn in größeren Städten sei selbst der bekannte Psalm 23, der „Hirtenpsalm“, als Vers auf einer Anzeige recht selten. Dafür gäbe es mehr und mehr humorvolle Sprüche, wie „Lücke in der Rheuma-Ecke“, oder Zitate bekannter Personen – beispielsweise „I did it may way“ von Frank Sinatra.
Auch literarische Einflüsse in Traueranzeigen präsentierte Hörnig am Beispiel einer Anzeige für einen Klinik-Arzt von dessen ehemaligen Kollegen, sowie an einem selbst geschriebenen Schüttelreim für einen verstorbenen Mathematiker. Außerdem erläuterte er verschiedene Anzeigen Adeliger mit all ihren Titeln, die des Öfteren in der Süddeutschen Zeitung zu lesen seien. Er ging auch auf die grafische Aufwertung einer Todesanzeige in Herzform ein sowie den gewissen Befehlscharakter in der Formulierung einer Anzeige für einen verstorbenen Oberstleutnant.
Nach Ausführungen zu den in letzter Zeit in rasantem Maße zunehmenden alternativen Trauerbekanntmachungen, wie Online-Trauerchats und -Gräber, sowie zu den auf Beerdigungen meistgewünschten und vielgespielten Liedern, und mögliche Unterschiede im Bestattungsrecht in anderen Ländern, wurde der Abend musikalisch durch die Schüler des Musik-Leistungskurses am Theodor-Heuss-Gymnasium in Mühlacker beschlossen.
Aus: Mühlacker Tagblatt vom 18. Juni 2018. Autor:
. Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung vom Mühlacker Tagblatt