Hilfestellung für Trauernde

Es gibt ja Menschen, die sich offen dazu bekennen, dass sie die Zeitung nur abonnieren, um darin die Todesanzeigen zu lesen. Davon haben wohl auch schon die rund 100 Besucher im Dürrmenzer Sankt Andreas Gemeindehaus gehört, die sich am Freitagabend von ihrem ehemaligen Pfarrer, Thomas Hörnig in die Welt der Todesanzeigen entführen ließen.

Für viele war es zugleich aber auch ein Wiedersehen mit einem alten Weggefährten, der von 1991 bis 2001 in Dürrmenz Pfarrer war und in seiner Zeit den Verein „Ambulanter Hospizdienst Östlicher Enzkreis“  mitbegründet hat.

Hörnigs große Liebe

„Ich freue mich, dass Thomas Hörnig unserer Bitte gefolgt ist, und wieder bei uns ist“, sagte der Vorsitzende des Hospizvereins, Johannes Bastian, nachdem Schüler des Theodor-Heuss-Gymnasiums musikalisch auf den Abend eingestimmt hatten. „Ich habe sofort zugesagt, wenn die alte Liebe Dürrmenz anfragt“, sagte Thomas Hörnig humorvoll.

Der 61-Jährige hat den Abend veranstaltet und ist Leiter der Diakonieausbildung an der evangelischen Hochschule in Ludwigsburg. Überdies hat er eine der größten Sammlungen von Todesanzeigen in Deutschland, wie er im Gespräch anmerkte. Seit Oktober gebe es mittlerweile ein Krematorium für Pferde und Ponys, führte er aus. Und im Internet fänden sich immer mehr Plattformen, wo Trauer und Mitgefühl geteilt werden könnten. „Trauernde Menschen sind verletzliche Menschen, sie funktionieren nicht so, wie es erwartet wird“, führte Hörnig aus. In seinem Leben setzte der Tod seines Vaters am zweiten Tag seines Studiums im April 1977 den Punkt, als er anfing, Todesanzeigen zu sammeln. Denn: „Das Sammeln von Todesanzeigen ist eine Art Trauerarbeit“, erklärte Hörnig. Und weil er in Dresden geboren ist und viele Familienbesuche in der ehemaligen DDR absolvierte, zeigte er unter anderem auch Todesanzeigen, in denen der christliche Bezug keine Rolle mehr spielt.

„Tote werden ja nicht älter, sie bleiben immer gleich alt“, verdeutlichte Hörnig die Gefühle der Hinterbliebenen. „Bilder kommen deutlich stärker“, sagte er. Und auch die „In Memoriam“-Anzeigen, in Erinnerung an Verstorbene, nähmen zu.

Extrem selten würden allerdings Menschen in ihren letzten Krankheitstagen und an Schläuche gebunden gezeigt. Früher seien die damaligen Büttel durch die Orte gelaufen und hätten mit einer Schelle verkündet, wer gestorben sei. Das erledigten in unserer Zeit die Todesanzeigen.

Aus: Pforzheimer Zeitung, Ausgabe Mühlacker, vom 18. Juni 2018. Autorin: Ilona Prokoph, Mühlacker-Dürrmenz. Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung der Redaktion Mühlacker.

Susanne Klotz (von links), Hannelore Stegmaier, der ehemalige Dürrmenzer Pfarrer Thomas Hörnig, Johannes Bastian und Annegret Seeg freuen sich über die zahlreichen Besucher im Sankt Andreas-Gemeindehaus in Dürrmenz.
FOTO: PROKOPH

Rund 100 Besucher haben den Vortrag von Thomas Hörnig über das Thema Todesanzeigen mit großem Interesse verfolgt.
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